Foto © Andreas Herzau
Kent Nagano dirigiert Hosokawa und Bruckner
»Die Flöte dringt mit einem so anmutigen Ton in die Ohren ein, dass sie Befriedung und Ruhe in alle Regungen trägt bis in die Seele hinein.« Dieses Zitat von Plutarch schlägt eine wunderbare Brücke zum Anfang dieses Konzertes – dem spirituellen Flötenkonzert des bedeutenden japanischen Komponisten Toshio Hosokawa. In dem 2022 uraufgeführten Werk geht es um eine faszinierende Zeremonie. Der Solopart symbolisiert laut Hosokawa »eine schamanische Person«, die mithilfe von Atemgeräuschen das Orchester als »die Welt, das Universum, die Natur« anruft, um übernatürliche Kräfte heraufzubeschwören: »Der Klang des Atems hallt durch die Flöte echoartig wie der Wind in der Natur wider und wird zu dem Lied, das den Geist erweckt.« Die Solo-Flötistin der »Bamberger« übernimmt die Rolle der Schamanin für dieses rituelle Stück, über das Hosokawa noch bemerkte, es sei »auch eine Gebetsmusik für das Ende der Pandemie, da sie während der Corona-Katastrophe komponiert wurde«. Dazu passt, was Bruckner 1874 kurz nach Vollendung der Erstfassung seiner dritten Symphonie äußerte: »Weil die gegenwärtige Weltlage geistig gesehen Schwäche ist, flüchte ich zur Stärke und schreibe kraftvolle Musik.« Viele Bruckner-Sätze sind symphonische Gesänge erhabenen Stils, ergreifend durch das Ringen und Kämpfen einer Seele, die durch Schmerz und Leid hindurch ihren Weg zur Erlösung sucht. Über die schwankenden Stimmungen dieses symphonischen Kosmos sagte Bruckner: »So ist’s im Leben. Die Polka bedeutet den Humor und Frohsinn der Welt – der Choral das Traurige, Schmerzliche in ihr.«
Toshio Hosokawa: »Ceremony« für Flöte und Orchester (Deutsche Erstaufführung)
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 3 d-Moll
Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilharmonie
Musikalische Leitung: Kent Nagano