Foto © Andreas Herzau
Christoph Eschenbach dirigiert Strauss und Bruckner
»Und die Seele, unbewacht, will in freien Flügen schweben, um im Zauberkreis der Nacht tief und tausendfach zu leben.« Diese traumverlorenen Zeilen von Hermann Hesse inspirierten Richard Strauss zu einem seiner berührenden »Vier letzten Lieder«. Diese zeichnen einen Lebenszyklus nach und zeugen von seiner Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod. Als ihn ein Journalist nach seinen nächsten Projekten fragte, antwortete Strauss durchaus augenzwinkernd: »Na, sterben halt!« Doch sein Sohn überredete ihn, noch ein »Hauptwerk« zu komponieren. Und das ist Strauss auf betörende Weise gelungen, denn die hochromantischen Vertonungen bewegen sich in einer unnachahmlichen Atmosphäre der Schwerelosigkeit. Hier schwingt sich die Gesangsstimme von Hanna-Elisabeth Müller zu den seelenvollen Liedern auf. Christoph Eschenbach leitet danach durch ein 1873 uraufgeführtes Werk von Bruckner, das als unmittelbarer Ausdruck einer tiefen Lebenskrise aufgrund der sogenannten »Affäre St. Anna« entstand: Beim Klavierunterricht in der Bildungsanstalt St. Anna nannte er einmal eine seiner Schülerinnen vertraulich »mein Schatz«. Auch wenn Bruckner sich zu Unrecht verdächtigt fühlte, bauschte die Presse dieses Ereignis skandalös auf. Zwar bald rehabilitiert, schrieb er aber in diesem gedemütigten Seelenzustand seine zweite Symphonie – die daher mit einer unruhig-pessimistischen Grundhaltung aufwartet: Sie schwankt zwischen innigen Gebeten, verzweifelten Ausbrüchen, ratlosem Verstummen und wüsten Tanzszenen.