Fotos © Dovile Sermokas
Cameron Carpenter spielt Bach und Mussorgski
Dieses Konzert verspricht emotionale Aggregatzustände mitsamt mehreren »Seelen«: Denn im technischen Bereich meint der Begriff »Seele« den kostbaren Kern von Kabeln – und im Spieltisch der Jann-Orgel in Bamberg sind davon einige vorhanden.
Zu Gast ist Cameron Carpenter, ein musikalischer Zauberkünstler, der im wahrsten Sinne des Wortes alle Register ziehen wird, um die rund 5.800 Pfeifen des Instrumentes zum Klingen zu bringen. Der amerikanische Tastenvirtuose betrachtet eine Orgel als eine Art Werkzeug, das seinen Körper und Geist erweitert – und im Gepäck hat er spannende Arrangements musikalischer Meilensteine, welche die Tiefenschichten auf ganz eigene Art ausloten: Er begibt sich auf die phantasievolle Wanderung durch Mussorgskis »Bilder einer Ausstellung« und lässt dabei vor dem inneren Auge grandiose Gemälde entstehen – von einem hinkenden Gnom, der dämonischen Hexe Baba-Yaga, einem rumpelnden Ochsenkarren, geschwätzigen Marktweibern, irrwitzig hüpfenden Küken in Eierschalen oder einer von Glockengeläut untermalten Prozession durch ein Heldentor. Umrahmt wird dieser vertonte Museumsbesuch von zwei Kompositionen aus der Feder von Johann Sebastian Bach, über dessen Musik einer seiner Söhne sagte, sie soll »das Herz in Bewegung setzen«. Wie eine ergreifende Seelenreise wirkt die »mollige« Fantasie und Fuge: Mit expressiven Seufzermotiven erhebt sich das Stück, sammelt wieder Energie und entlädt sich in einem virtuosen Finale. Das Konzert endet mit den ebenso atemberaubenden »Goldberg-Variationen«: Auf den langsamen Einführungssatz folgt hier ein hochkomplexes und beeindruckendes Klanggebilde – ein fulminantes Meisterwerk, das auf jeden Fall den Zweck erfüllt, den Bach sich gewünscht hatte, als er als Untertitel vermerkte, es sei »denen Liebhabern zur Gemüts-Ergötzung verfertiget«.
Solist: Cameron Carpenter, Orgel
Johann Sebastian Bach: Fantasie und Fuge c-Moll BWV 537 für Orgel
Modest Petrowitsch Mussorgski: »Bilder einer Ausstellung«
Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen BWV 988