Fotos © Nilz Böhme
Das große Heft
Schauspiel nach dem Roman von Ágota Kristóf
aus dem Französischen von Eva Moldenhauer
»Es ist Sonntag, wir fangen ein Huhn, und wir schneiden ihm die Kehle durch.« Um sie vor dem Krieg in Sicherheit zu bringen, schickt eine junge Mutter ihre beiden Zwillingssöhne zur Großmutter aufs Land. Hier fallen keine Bomben, dafür lauern andere Gefahren. Da wäre zum Beispiel die Großmutter, von den Einheimischen nur alte Hexe genannt. Sie trinkt, schlägt die beiden, schickt sie zur Arbeit aufs Feld, lässt sie halb verhungern. Doch die Zwillinge schlagen zurück – auf ihre Art. Nicht die Großmutter kriegt Schläge, sondern die Brüder schlagen sich gegenseitig. Ihre »Übungen machen« nennen sie das. Sie üben sich im Schmerzaushalten, in der Geduld, der Unerbittlichkeit, im Rechnen und Schreiben. Die Erlebnisse des Tages notieren sie in einem großen Heft, das sie dem Buchhändler durch kühne Beharrlichkeit abgeschwatzt haben. Oberstes Gebot all ihrer Übungen ist, jegliche Sentimentalität in sich abzutöten. Und so verfassen sie auch ihre Einträge: genau, präzise, aber nicht ohne Gespür für hintersinnige Komik. Am Ende überleben die Zwillinge den Krieg und die Besatzung in einem gottähnlichen Zustand, in dem Güte und Grausamkeit kaum noch voneinander zu unterscheiden sind.
Der Roman »Das große Heft« der ungarischen Autorin Ágota Kristóf ist eine der eindringlichsten und zugleich verstörendsten Auseinandersetzungen mit der Frage, was es heißt, ein Mensch zu sein in Zeiten des totalen Krieges. Er wurde in 40 Sprachen übersetzt, verfilmt und für die Bühne adaptiert.
Theater der Altmark, Stendal
Regie und Bühnenfassung: Johanna Schall
Ausstattung: Mark Späth
Musik und Komposition: Elias Weber
Dramaturgie: Roman Kupisch
Video: Christian Kaiser
mit Susan Ihlenfeld, Lukas Franke, Katrin Steinke, Jules Armana, Hannes Liebmann, Alexandra Sagurna, Kerstin Slawek, Siri Wiedenbusch, Paul Worms